Pressemitteilung 03.10.2018
Das -vorerst- Ende der Räumung +++ im Hambi werden zur Feier des Tages Zäune errichtet +++ Razzia des Wiesencamps
Heute ist Mittwoch, der 03.10.2018, Tag der deutschen Einheit, Anlass genug für RWE mal wieder einen Zaun zu errichten. Und zwar im und um den Hambacher Forst.
Die Räumung der mehr als 60 Baumhäuser begann am 13. September und nahm gestern, am Dienstag, dem 02.10., nach 19 Tagen vorerst ihr Ende.
Innerhalb der letzten Woche wurden – entgegen des Versprochenen Moments der Ruhe nach dem Todesfall Steffens – die verbliebenen Baumhausdörfer geräumt. Die Maßnahmen waren geprägt von massiv fahrlässigem, sowie gewaltsamen Vorgehen der Polizei. Vor allem im Baumhausdorf „Lorien“ ging es hart her, dort wurden Sitzblockaden, die teilweise aus mehr als 140 Menschen bestanden häufig gewaltsam geräumt. Traversen (Seile die als Verbindung zwischen zwei Bäumen gespannt sind) wurden durchtrennt, als sich Menschen noch in ihnen gesichert hatten. Bäume wurden gefällt, während sich Aktivisti in unmittelbarer Nähe in Hängematten befanden.
Noch während die Räumung bei den letzten Dörfern „Lorien“ und „Miketown“ ihr Ende nahm, wurden im Wald bereits neue Plattformen gebaut (Ghosttown) und ein ‚vergessenes‘ Baumhaus namens Fenrir neu besetzt. Dazu gesellten sich noch die Besetzungen (teilweise nur mit Hängematten in den Baumkronen) „Qualityland“ und „Blacksocks“.
Beim wöchentlich stattfindenden Waldspaziergang am Sonntag (30.09.) kamen dann weit mehr als 10.000 Menschen zum Hambacher Forst, um gemeinsam mit dem Waldpädagogen Michael Zobel durch den Wald zu ziehen. Während und nach dem Spaziergang fanden sich Menschen – darunter auch Familien mit Kindern – zusammen, um gemeinsam Barrikaden zu bauen. Dies geschah auch schon am vorangegangenen Sonntag, als die Baumhausdörfer Beechtown, Cozytown, Lorien, Miketown, Kleingartenverein, T-Town und Paragraph 11 noch existierten.
Am Montag, dem 01.10., ging es dann Paragraph 11 an die Krone. Dort wurden zuerst die neu errichteten Barrikaden, in und hinter denen sich Menschen befanden, unter massivem Pfeffersprayeinsatz geräumt. Parallel dazu wurde eine Plattform auf einem Baum am Aachener Weiher in Köln gegen Mittag geräumt, welcher von Aktivist*innen in Solidarität mit der Hambacher Forst Besetzung besetzt wurde.
Ebenfalls am Montag durchsuchte die Polizei das an den Wald angrenzende Privatgrundstück von Kurt Claßen- auch „die Wiese“ genannt – auf dem sich Behausungen der Besetzer*innen befinden. Ohne Durchsuchungsbefehl wird nach Baumaterial für Baumhäuser und Barrikaden gesucht, mit Kettensägen wird besagtes Material vor Ort zerstört. Zudem werden Fahrräder von Aktivist*innen, wie auch von Presse beschlagnahmt und weggeschmissen. Möbelstücke, Fenster, Wasser und vieles mehr werden beschlagnahmt. Eine ominöse Flüssigkeit – vergorene Linsen oder Fäkalien – wird von der Polizei im Medic-Wohnwagen ausgeleert. Die Polizei beruft sich bei dem Einsatz auf das Polizeigesetz, welches solch ein Vorgehen bei akut drohender Gefahr erlaube.
Die neu besetzten Teile des Waldes Ghosttown, Blacksocks und Fenrir fielen am Dienstag, 02.10. den Hebebühnen und Kettensägen zum Opfer. Doch das ominöse „Qualityland“ ist immer noch da – versteckt in den Bäumen.
Und der Wald bleibt widerständig, die Bewegung wächst und wächst und nach sechs Jahren andauernder Besetzung ist auch die mediale Aufmerksamkeit auf einem nie da gewesenen Level angekommen. Während RWE sich also daran macht, den Wald zu umfrieden, lässt sich der Widerstand nicht kleinkriegen und baut entgegen aller Grenzen und Zäune weiter Baumhäuser, blockiert weiter Bagger und Räumpanzer und besetzt weiter Tripods.
Kommentar einer Aktivistin
Die Polizei verkündet die erfolgreiche Räumung der über 60 Baumhäuser, doch der Widerstand ist nicht vorbei. Immer wieder werden neue Plattformen in die Bäume gebaut, es besteht immer noch mindestens eine Besetzung. Wir fordern nicht nur, dass der Wald nicht abgeholzt wird, sondern auch den sofortigen Kohleausstieg. Der muss auch immer zusammen mit einem strukturellen Wandel unserer Gesellschaft gefordert werden. Denn es zählt nicht nur wie der Strom produziert wird, sondern auch von wem und wofür. So wollen wir nicht, dass von einem Energieriesen wie RWE mit einem dreckigen Energieträger wie der Braunkohle die Waffenindustrie gespeist wird. Solange RWE weiter rodet, werden wir auch weiter aktiv versuchen, den Wald zu schützen, die Rodung zu verhindern und den Kohleausstieg so in den öffentlichen Diskurs zu bringen.
Moll, Aktivistin aus dem Hambacher Forst